Azores Trail Run 2018 – Trailrunning pur auf den Azoren! Für mich beim Ultra Blue Island Trail mit 65 km und 3.200 m D+ und für Robert beim Trail Ten Volcanos mit 25 km und 1200 m D+ auf der Azoreninsel Faial – über Vulkane, am Meer entlang, über kniehohe Treppenstufen, durch dichte Wälder und grüne Wiesen. Ein Wahnsinns-Trailerlebnis auf einer Insel mitten im Atlantik, die ein echtes Trailrunning Paradies ist…
Der Azores Trail Run ist ein Trailevent auf der Azoreninsel Faial (und Pico für den KMV) mit verschiedenen Distanzen:
- Whalers Great Route Ultra-Trail ® – 125 km / 5000 Hm einmal um die Insel mit Gürtelschnalle als Belohnung
- Ultra Blue Island Trail – 65 km / 3200 Hm mit Start in Horta
- Marathon Faial Coast to Coast – 42 km / 2100 Hm dem Coast to Coast Wanderweg von Ost- zu West-Küste folgend
- Trail Ten Volcanoes – 25 km und 1200 Hm, dem Trail dos 10 vulcãos folgend
- Mini Family Trail – 10 km Einsteigertrail
- Skyrunning KV Pico – Vertical K 3,5 km mit 1000 Hm auf der Insel Pico am Vortag des Hauptrennens
Vorgeschichte – Vorbereitung der Reise zu den Azoren
Als ich mich letztes Jahr für den Azoren Trail anmeldete, wusste ich nicht viel über diese Inselgruppe. Ich wusste weder, wo genau die Azoren liegen noch wie es dort aussieht. Die Azoren – das ist doch da, wo das Wetter herkommt? Auf die Idee, dort mitzulaufen, kam ich über den Bericht eines Bekannten, der viel davon geschwärmt hatte.
Ich nahm mir vor, ein wenig Portugiesisch zu lernen, weil ich es immer toll finde, die Sprache eines Landes zu sprechen, das ich bereise und weil das Sprachenlernen so ein kleines altes Hobby von mir ist, das ich vor meiner Läuferkarriere ausgiebig kultiviert hatte ?. Leider kam ich beruflich und unitechnisch bedingt nicht sehr weit, und auch die ganze DSGVO Umstellung hatte viel Zeit in Anspruch genommen, so dass ich in meinem Portugiesisch Lehrbuch gerade mal bis Lektion 4 gekommen war. Immerhin die Zahlen konnte ich gut, was sich im Laufe der Reise noch als sehr nützlich erweisen sollte ?
Am 18. Mai war es dann endlich soweit: ab ging es in Richtung Azoren! Wir starteten von Luxemburg in Richtung Lissabon (bis dahin wusste ich gar nicht, dass so viele Portugiesen in Luxemburg leben, laut Wikipedia 14%!) und von dort aus mit SATA Azores Airlines in Richtung Faial. Alles in allem, inklusive Anreisezeit zum Flughafen, Wartezeit zwischen den Flügen usw. waren wir über 12 Stunden unterwegs. Ganz schön beschwerlich die Reise, bin ich doch sonst nur die Kurzflüge nach Mallorca gewohnt, mein letzter Langstreckenflug war 2001 nach Las Vegas…
Ankunft auf Faial
Bei der Ankunft am Flughafen in Horta war ich erstmal ein wenig enttäuscht: alles grau in grau, zu Hause waren wir bei besten Sonnenschein gestartet. Immerhin gabs zwei Stunden extra, denn die Azoren liegen 2 Stunden hinter uns.
Unser nettes kleines Apartment in Flamengos (2 km hinter Horta) entschädigte ein wenig, und die schnelle Internetverbindung (schneller als im heimischen Lothringen!) tröstete auch, zumal ich dank DSGVO immer noch etwas Arbeit mitgebracht hatte (die Leiden einer WordPress Expertin… ?). Was mich hier vor allem so faszinierte, war die unglaubliche Ruhe, die dieser Ort ausstrahlte. OK, die Azoren sind, nicht besonders groß, alle Inseln zusammengenommen sind in ihrer Fläche kleiner als Mallorca und mit insgesamt 245.283 Einwohnern (Wikipedia) auch nicht sehr bevölkerungsreich. Unsere Insel Faial hat mit knapp 15.000 Einwohnern auch nur 2.000 mehr als mein saarländischer Heimatort Quierschied….
Beeindruckend auch die Zahl der Kühe: überall Kühe auf der Insel, teilweise findet man sogar in der Stadt im Vorgarten angeleinte Kühe…Manche Insel (Corvo z.B.) hat sogar mehr Kühe als Einwohner…
Die Inseln der Azoren sind vulkanischen Ursprungs, auf Faial gab es 1957 den letzten Vulkanausbruch des Vulkans Capelinhos (übrigens das Ziel des Trails), die Caldeira (Kessel, Krater) in der Mitte der Insel ist ein eindrucksvoller Krater und einer der faszinierendsten Anblicke auf den Azoren. Auch der Pico auf der gleichnamigen Nachbarinsel ist ein (schlafender) Vulkan und mit 2351 m der höchste Berg Portugals. Wenn man bedenkt, dass man nur die Spitze sieht und er noch 4000 m unter der Meeresoberfläche weitergeht, misst dieser imposante Berg sogar über 6000 m!
Die ersten beiden Tage auf der Insel waren wettermäßig etwas durchwachsen und wir nutzen die Zeit, um uns zu akklimatisieren und Teile der Strecken zu erkunden.
Was wir dabei auch feststellten: in Küstennähe ist meist das gute Wetter, und unser „Hausberg“ Monte Carneiro, der Horta von Flamengos trennte, stellte sich als Wetterschneise heraus. Während an der Küste strahlendes Wetter war, war es hinterm Berg meist verhangen und ins Landesinnere hinein nicht selten neblig. Merke also fürs nächste Mal: Direkt in Horta eine Unterkunft suchen!
Pico oder nicht Pico?
Bei der Anmeldung zum Lauf hatten Robert und ich uns auch für den Vertical Kilometer auf Pico angemeldet (zumindest das Häkchen gesetzt, der ganze Anmeldeprozess war etwas unübersichtlich) – aber auf der Teilnehmerliste erschienen wir nicht. So war uns vor dem Lauf gar nicht klar, ob wir wirklich gemeldet waren. Um sicherzugehen, den höchsten Berg Portugals doch noch zu besteigen, nahmen wir uns den Dienstag vor dem Lauf vor – doch leider machte uns ein Streik der Fährengesellschaft einen Strich durch die Rechnung. Schade, denn das Wetter war ideal… Naja, vielleicht klappt es ja doch mit der Anmeldung…
Aber leider, leider: bei der Startnummernabholung am Donnerstag erfuhren wir, dass es wohl nicht geklappt hatte. Der Veranstalter bemühte sich zwar, uns noch unterzubringen, aber leider holten diesmal alle Gemeldeten ihre Startnummern ab und so wurde das freitags nix mit Pico. Wie wir später sehen sollten, war das vielleicht auch nicht das schlechteste, einigermaßen ausgeruht an den Start zu gehen. Dennoch: Hut ab vor dem freundlichen Service des Veranstalters uns doch noch an den Start zu bringen – auch sonst ein tolles Team und superfreundlich.
Whale Watching
So entschieden wir uns also am Tag vor dem Lauf für eine Whale Watching Tour, zusammen mit Marco und Tanja, zwei Trailläufern aus dem Saarland, die auch an dem Rennen teilnahmen. Das Whale Watching ist eine besondere Attraktion auf den Azoren. Viele Anbieter bieten Touren mit dem Schlauchboot an, wo man auf dem freien Meer Wale (Blauwale, Pottwale,…), Delphine, Schildkröten und andere Meeresbewohner beobachten konnte. Ein echtes Erlebnis, wenn auch mit 4 Stunden Dauer etwas lang und die Vielsitzerei vor einem Ultra auch nicht gerade ideal… Andererseits: so eine Fahrt auf einem Zodiac raus aufs offene Meer ist einfach mega! Zudem waren wir mit „Naturalist“ bei einem Anbieter, der die Ausfahrten zeitgleich für Forschung der Meeresbiologen der Universität nutzt, deren Zentrum für Meeresbiologie eben auf Faial ist.
Auf geht’s: Der Ultra Blue Island Ultra Trail – Horta bis Riberinha
Nun geht es nach langer Vorgeschichte aber endlich zur Sache! Ich danke Dir, dass Du mir bis hierhin gefolgt bist ?
Um 5:30 Samstagsmorgens war der Start an der alten Festung (Forte de São Sebastião) am alten Hafen Porto Pim, und beinahe wäre ich zu spät gekommen, denn wir hatten verschlafen. Aber zum Glück klappte es dann doch noch ?
Insgesamt waren etwa 70 Teilnehmer am Start mit 14 Frauen, so wurden die „Ladies“ alle nach vorne gerufen für ein Gruppenfoto. Nach dem Fototermin ordnete ich mich dann aber doch lieber wieder etwas weiter hinten ein, denn mein Leistungsniveau ist doch ein anderes…
Los gings am beleuchteten Strand vorbei, den ersten Zacken hoch zum Monte da Guia, einem erloschenen Vulkan, von dem aus man bei Tageslicht einen wunderschönen Blick auf den Krater hat, der sich zum Meer hin öffnet.
Im Dunkeln ergab sich dieses tolle Bild allerdings nicht, wohl aber ein toller Blick auf die beleuchtete Stadt Horta. Und schon wartete der nächste Stadtberg auf uns, der Monte Queimada, im Anstieg recht steil und technisch, im Abstieg einfacher zu laufen.
Nach einem weiteren kleinen Hügelchen ging es runter an der Hafenpromenade entlang, wo ich laufend von einem Videoreporter zum Thema Trailrunning interviewt wurde und einen faszinierenden Blick auf den Pico im Morgenrot genießen konnte.
Überhaupt prägte der Anblick des Pico das Bild für viele der nächsten Kilometer, auch noch, als wir die zweite Verpflegung in Riberinha (Start des Marathons) erreichten, einem durch das Erdbeben von 1998 arg in Mitleidenschaft gezogenen Örtchen, wo wir am alten Hafen, der mittlerweile ein Picknickplatz ist, mit allem versorgt wurden – sogar öffentliche Toiletten gab es (und das an fast allen Verpflegungsstellen!).
Auch der alte Leuchtturm, der Farol de Riberinha, bot ein trauriges Bild, denn auch er war vom Erdbeben zerstört worden.
Überhaupt eine sehr verlassene und verwunschene Gegend, und auch der Anblick des totes Pferdes, das einsam und steif neben der Strecke lag, verfolgte mich noch lange während des Laufes.
Dieser erste Teil der Strecke war recht anspruchsvoll mit vielen Steilpassagen, und ich bereute schon fast, meine Stöcke nicht mitgenommen zu haben, auch wenn ich wusste, dass ich sie später bei den bekannten Abschnitten ab dem Start des 25 km Laufes kurz vor der Caldeira nicht mehr brauchen würde.
Riberinha bis Caldeira
Auch das Teilstück zwischen Riberinha und dem dritten Verpflegungspunkt, dem Picknickplatz Cabouco, der Startplatz des 25 km Trails war, zog sich gefühlt endlos dahin. Lange, sandige rote Pisten, an denen ich die Nachzügler des Marathons und einige der 125 km Great Whalers Ultratrailer überholte, darunter auch den portugiesischen Rekordhalter, was die Anzahl der gelaufenen Wettkämpfe über 100 km in einem Jahr angeht…
Am Picknickplatz von Cabouco, VP3, angekommen, war ich erstaunt vom Anblick der vielen Speisen, die uns Trailläufern hier kredenzt wurden: Chips, Hähnchenschenkel, Kroketten, Nudeln…ich begnügte mich mit Orangen, Keksen, frischem Wasser und einem frischen Shirt – bei den warmen Temperaturen eine echte Wohltat!
Und nun ging es an den Aufstieg zur Caldeira, einem steilen, aber technisch wenig anspruchsvollen Fahrweg, der sich in zackigen Serpentinen hochschlängelte, und durch eine riesige Kuhweide führte, wo sich bei unserer Streckenbegehung auch sehr viele Kühe befanden. Kurz vor dem Laufevent musste der Bauer die Kühe wohl woanders untergebracht haben, was auch besser war, denn wenn hunderte Läufer durch das Gelände poltern, ist das bloß Stress für die Tiere. Ich denke da an die Kühe von der Zugspitz Trailrun Challenge, die schon ziemlich angepisst waren…
Auf dem Weg nach oben kam ich mit Valter, einem portugiesischen Trailläufer von der Insel Madeira ins Gespräch, und ich verabredete mit ihm ein Widersehen nächstes Jahr beim MIUT – denn der steht nun auf meiner Liste!
Das letzte Stück zur Caldeira ging durch einen steilen Wiesenabschnitt und oben trennten sich die Wege der 25 km Läufer von denen der Langstreckler: während die 25er direkt in Richtung Abstieg entgegen dem Uhrzeigersinn liefen, umrundeten wir die Caldeira im Uhrzeigersinn (wie auch im Reiseführer * empfohlen) und stiegen dann erst in Richtung Levada Trail ab.
Schau Dir unbedingt mein Video an wegen der gigantischen Aussicht auf der Caldeira!
Levada Trail bis Capelo
Nun ging es weiter steil bergab Richtung Levada Trail, einem Wanderweg entlang eines Bewässerungskanals (Levada). Wobei nur das erste Stück wirklich steil war, der Rest war easy zu laufen.
Dummerweise hatte ich mir (trotz Wright Socks) eine Blase am zweiten Zeh gelaufen, die das Weiterlaufen fast unmöglich machte. Zum Glück folgte nach etwa einem Kilometer ein weiterer VP, an dem ich mich erstmal verarzten lassen musste.
Frisch gepflastert ging es dann weiter an der Levada vorbei, was eine eher unrhythmische Lauferei darstellte: von Seite zu Seite hüpfen, über Brücken (zum Glück bin ich HubuT-erprobt ?) und sogar durch einen kleinen Tunnel (der Grund, warum auch bei den Marathon- und 25km-Läufern eine Stirnlampe in der Pflichtausrüstung stand). Den rund 7 km langen Trail hatte ich schon von unserer Streckenbegehung als recht zäh und langwierig in Erinnerung, und leider war ich nicht mehr so wirklich schnell, um hier mit einem vernünftigen Tempo durchzuballern.
Aber endlich war dieser Weg zu Ende und es ging durch einen kleinen Waldabschnitt mit etwa kniehohen Treppen – bei 154 cm Körpergröße und 80 cm Beinlänge eine echte Herausforderung! (Bei der Gelegenheit fiel mir ein, dass mein Bekannter, der den Lauf empfohlen hatte, mit seinen ca. 2 m Körpergröße da wohl gut reden hatte ?.) Kleiner Tipp: nicht auf die Holzbalken am Ende der Treppenstufen treten – die sind extrem rutschig!
Und der nächste Anstieg wartete bereits: der Cabeço do Fogo, der „Feuerhügel“, eine weiterer erloschener Vulkan mit einem steilen Anstieg und technisch anspruchsvollen Abstieg, der bei schönem Wetter einen traumhaften Ausblick bietet (in meinem Video habe ich ein wenig gemogelt und Aufnahmen von der Streckenbegehung untergeschoben, denn als ich hochkam, war es sehr neblig dort oben!).
Von dort aus ging es zum nächsten VP am Picknickplatz des Parque Florestal, wo es sogar ein wenig zu regnen begann. Ich war mittlerweile schon um die 11 Stunden unterwegs und fürchtete, es nicht mehr unter 12 Stunden zu schaffen, denn 2 Hügelchen warteten noch…
Capelo bis Capelinhos
Nun aber Endspurt! Die beiden letzten Hügel kannte ich bereits von meinem zweiten Tag auf Faial – und das war echt anstrengend. Vor allem der Anstieg zum Cabeço Verde die lange Asphaltstrasse hoch war etwas mühselig – aber doch nicht so schlimm wie erwartet.
Von oben konnte man bereits das Ziel sehen – und hören! Voll motiviert ging es also in den Downhill und der nächste Hügel, Cabeço do Canto, war auch schnell gemeistert. Der Abstieg dank der hohen Treppenstufen allerdings wieder etwas zeitraubender…
Immer mit dem Ziel vor Augen, führte der Weg nach einen kleinen Straßenüberquerung in die imposante Vulkanwüstenlandschaft des Capelinhos – eine wirklich staubige Angelegenheit: denn wenn man hier den Läufern hinterherschaut, sieht man auch bei langsamen Läufern die Staubwolken aufziehen…
Ein letzter Endspurt am Leuchtturm von Capelinhos, und mit motivierenden Rufen ab ins Ziel – gar nicht so einfach im tiefen Sand!
Aber geschafft – und im Ziel wurde ich dann sogar noch interviewt ?
Epilog
Den Pico hatten wir am nächsten Tag nochmal in Angriff genommen – allerdings war das doch ein wenig zu stramm nach dem langen Lauf und wir drehten auf 1800 m Höhe wieder um. Die Strecke ist insbesondere dadurch schwer, dass man den richtigen Pfad finden muss. Es gibt viele kleine Pfädchen nach oben und die Markierungspfosten sollte man nur als Anhaltspunkt nehmen, aber nicht die direkte Verbindung- denn dann klettert man mehr, als dass man geht oder läuft. Bei 43 Minuten etwa für den Sieger des Skyruns war sicher der Pfad markiert ? Ich war doch ganz froh, am Tag vorher den Vertical K nicht gemacht zu haben – und nun habe ich noch einen Grund mehr, wieder herzukommen! Denn die Azoren sind auf jeden Fall eine Reise wert!
Meine Reise- und Abenteuerlust ist jedenfalls wieder geweckt und ich freue mich schon auf die nächsten Herausforderungen!
Azoren von Michael Bussmann
aus dem Michael Müller Verlag
Hier findest Du die schönsten Wanderwege auf den Azoren (aller Azoreninseln) mit ausführlicher Beschreibung, die GPX Daten gibt es auf der Seite des Verlages zum Download.
Dazu sehr viele Hintergrundinfos.
Das Buch war mir bei meinen Streckenerkundungen eine große Hilfe, daher mein Tipp.