Beim Bärenfels bin ich immer wieder gerne am Start, egal ob Heiligabend Marathon oder Sommertrail. Dieses Jahr sollte dann endlich auch mal der Mai-Trail an die Reihe kommen. Natürlich auf der langen Distanz: 4 Runden à 13,8 km = 55,2 km.
Nachdem ich 2015 den Heiligabend-Marathon abbrechen musste, nahm ich mir fest vor, am 1. Mai wiederzukommen – zumal es ja 2016 auch terminlich keine Kollision mehr mit dem sonst immer eine Woche später stattfindenden Hartfüßlertrail mehr gab. Und diesmal war Speed angesagt! Nach meinem Tempo-Test auf Kurzstrecken beim Haldenlauf, meinem spontanen Halbmarathon-Formtest mit PB eine Woche vorher in St. Wendel wollte ich mal schauen, was so an Tempo auf Langstrecken geht. Und minimalistisch laufen – weniger ist mehr, so leicht wie möglich und so schnell wie möglich.
Und so gehe ich wieder in kurzen Klamotten und meinen Barfußschuhen an den Start – auch wenn der Grip hier vielleicht nicht ganz so gut ist. Der Regen hat zum Glück nachgelassen, so bin ich optimistisch und nehme auch keine Jacke mit an den Start, nur einen Trinkgurt – und wundere mich darüber, dass die meisten anderen Starter sehr winterlich angezogen sind – in langen Hosen und Jacken. Zugegeben, es ist ein wenig frisch, aber es soll ja noch wärmer werden als die gerade herrschenden 4 Grad.
Weniger ist mehr – das ist auch heute das Motto der Veranstaltung: wegen Forstarbeiten muss die Strecke ein wenig geändert werden, und die Runden verkürzen sich dadurch auf 12 km.
Wir starten gemeinsam mit den Läufern der Kurzstrecke (also eine Runde) um 10 Uhr. Beim Start treffe ich wieder auf viele bekannte Gesichter, unter anderem einen ehemaligen Klassenkameraden, den ich seit der 9. Klasse nicht mehr gesehen hatte. Endlich geht es los und vom Start weg behalte ich meine Pulswerte im Auge: nicht zu schnell und nicht zu langsam, und vor allem die erste Runde nicht zu schnell angehen, denn die ist entscheidend. Dennoch bin ich schon vom Start weg ziemlich schnell unterwegs, so dass ich mich bei den vorderen Läufern – auch den schnellen Kurzstrecklern wiederfinde.
Zunächst einmal geht es durch nasse Wiesen und eine kleine „Moorlandschaft“ durch – hier wünschte ich mir dann doch meine Matsch-Trailschuhe an die Füße – und auch bei einigen Matschpassagen Downhill muss ich mit meinen Merrell etwas aufpassen (sind halt eben Strassen- bzw. Waldautobahnschuhe –aber die Trailvariante ist schon wieder nachbestellt 🙂 ) Zum Glück hält sich der Matsch heute aber in Grenzen – nur ganz klar, bei Regen braucht man auf dieser Strecke Schuhe mit gutem Grip!
Was für eine geile Strecke! Bei km 4 dann ein extrem steiler Anstieg, den man beim Rückweg wegen der Streckenänderung auch wieder runter muss. Hier ist schnelles Gehen angesagt – denn zum Laufen einfach zu steil. Nach etwa einem km wird die Steigung dann wieder sanfter und wir kommen langsam zum schönsten Teil der Strecke über verwunschene Wald- und Wurzelpfade, durch einen kleinen Steinbruch und über blühend gelbe Rapsfelder auf einem Höhenweg.
In der ersten Runde laufe ich hier mit 2 Läufern der Kurzstrecke zusammen und auch mit Steffen, dem später 4. Mann der Langstrecke, der die erste Runde offensichtlich eher etwas gemütlicher angeht. Auf dem Höhenweg ist es etwas windig, jedes Mal, wenn ich hier vorbeikomme, habe ich hier Gegenwind. Dann ein schöner langer Downhill, bis wir bei km 8 die VP erreichen. Hier halte ich in Runde 1 noch nicht an, denn ich habe ja meine Flasche dabei. Doch ich beschließe, meinen Trinkgurt im Ziel zu deponieren, da sie mir ganz schön auf die LWS drückt und Schmerzen verursacht. Denn die Verpflegungssituation ist ja hier vorbildlich, ich brauche das Gepäck gar nicht! Bloß meine beiden Gels stecke ich mir in die Trikottaschen und lege meinen Gurt dann auch im Zielbereich ab. Jetzt kommt sogar die Sonne raus!
Wenige schnelle Läufer der Langstrecke kommen mir entgegen, auf meinem Start auf die 2. Runde begegnet mir die 1. Frau der Kurzstrecke – aber sonst keine weitere Frau in Sicht! Ich stelle fest, dass ich wohl ganz weit vorne sein muss und wundere mich, sind doch auch schnelle Läuferinnen am Start. Ich bleibe weiterhin bei meiner Renneinteilung und meinem Tempo und lasse Steffen ziehen, der nun sein Tempo verschärft.
Die 2. Runde wird auch gar nicht langweilig: obwohl ich hier ja vorhin schon gelaufen bin, entdecke ich immer wieder Neues auf der Strecke. Nur der Anstieg bei km 4 ist übel, der wird mich auch noch öfter begleiten! Hier kommen mir auch zum ersten Mal Läufer entgegen beim Gegenverkehr, die letzten Läufer der Kurzstrecke feuern uns an. Hier ist auch noch Rudolf dabei, der eigentlich auf der Kurzstrecke gestartet ist und die 2. Runde zum Auslaufen nutzt. Auch das ist beim Bärenfels-Trail problemlos möglich – man kann nach jeder Runde aussteigen oder noch was dranhängen.
Auf in die 3. Runde! Beim Wendepunkt heißt es, ich habe mächtig Vorsprung – wow, also doch ganz vorne! Aber natürlich laufe ich mein Tempo weiter und versuche, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Etwa 1,5 km nach dem Wendepunkt begegne ich Franz Feller, Familienoberhaupt der Bärenfels-Familie und mit seinen 78 Jahren ältester Teilnehmer auf der Strecke! Er ist gerade auf dem Rückweg seiner ersten Runde und ist falsch abgebogen. Ich erkläre ihm den Weg zurück, doch ich will schnell weiter, denn ich weiß ja nicht, wie groß mein Vorsprung wirklich ist. Und ich weiß, dass meine Konkurrenz schnell ist – ich warte eigentlich immer darauf, dass sie plötzlich von hinten ankommt und mich überholt. Doch nichts passiert.
Beim Anstieg treffe ich auf meinen Lauffreund Günter, der auf seinem Rückweg der 2. Runde ist. Ab jetzt wird es einsam. Meine Begleiter der ersten beiden Runden sind entweder ausgestiegen oder geben mächtig Gas. Bei km 7 mal wieder Gegenwind, und nun begegne ich bei diesem herrlichen Wetter auch einer großen Gruppe von Maiwanderern, die aber freundlich grüßen und Platz machen. Ich bemerke mal wieder den großen Unterschied zu Trails in Frankreich: in Frankreich hätte es hier Gejohle und Anfeuerungsrufe gegeben, in Deutschland bleibt es dann eher wenn überhaupt bei einem verhaltenen „Guten Tag“. Aber Spaß habe ich auch so. Nur meine Beine werden schon merklich schwerer, die Anstrengungen der letzten Wochen machen sich deutlich bemerkbar! Und so überholt mich der später Fünftplatzierte am VP, der hat noch deutlich mehr Kraft in den Beinen als ich!
Am Ende der Runde begegne ich wieder Günter, der sich nun zu seiner 3. Runde aufmacht. Zu dieser angenehmen Begegnung gesellt sich nun eine weniger angenehme: Ein Steinchen hat sich in meinen Schuh eingeschlichen und sich einen schönen Platz direkt unterm Fußballen ausgesucht. Ich überlege, kurz stehen zu bleiben – eigentlich müsste ich das ja tun – aber was macht man in solchen Fällen, wo man in Führung liegt? Das kommt bei mir ja auch nicht so oft vor, deshalb fehlt mir hier die Erfahrung. Ich bleibe kurz stehen, beschließe dann aber doch, dass das Gefummele mich zu lange aufhält – ich weiß ja nicht, wie groß der Vorsprung immer noch ist! – und laufe weiter. Sind ja bloß noch 7 km bis zum Ziel! Beim letzten km lasse ich noch einen Läufer an mir vorbeiziehen – zum Glück „nur ein Mann“ 😉 – von meiner Verfolgerin weit und breit keine Spur.
Und so laufe ich auch als 1. Frau ins Ziel ein, in guten 5:19 Stunden. Die schnellen Jungs im Ziel freuen sich, dass es ja nun bald mit der Siegerehrung losgehen kann, wo doch die 1. Frau endlich eingetroffen ist!
Während wir auf die 2. und die 3. warten, düse ich schnell zum Auto, um mir etwas Trockenes überzuziehen. Als ich wiederkomme, hat die Ehrung bereits gestartet, denn die 2. Frau ist nun eingetroffen! Schnell reihe ich mich in die Runde ein und einige Minuten später läuft auch die 3. im Ziel ein, der keine Zeit mehr gelassen wird, noch etwas zu trinken – erst muss sie zur Siegerehrung!
Diesmal gibt es keinen Sack Kartoffeln, dafür eine große Tüte Gummibären für jeden. Beim Bärenfels wird übrigens jeder geehrt und jeder bekommt ein kleines Geschenk und eine Medaille. Deshalb dauern die Siegerehrungen hier auch immer etwas länger 😉 Teil 2 der Siegerehrung wird dann aber doch verschoben, da erst 20 Teilnehmer im Ziel sind und der Rest noch auf der Strecke ist.
Ich warte auch nicht mehr und mache mich auf den Weg zu den einige km entfernten Duschen und dann ab nach Hause – sehr zufrieden mit meinem Ergebnis: 1. Frau in 5:19:35, mit fast 18 Minuten Vorsprung zur 2. und Platz 10 in der Gesamtwertung! Nun freuen sich meine Beine allerdings auf eine kleine Wettkampfpause, bevor es beim Trail des Marcaires am 22.05. wieder weitergeht!
Bilder gibt es diesmal aus verständlichen Gründen wieder keine von mir – aber Günter hat auf trailrunning.de einen schönen Bericht zum Trail mit vielen Bildern verfasst – hier bekommst Du einen Einblick in die Strecke!
GPS-Track gibt’s natürlich wieder von mir: