Nach dem Gletscherrun in Obergurgl stand für mich wieder eine Premiere an: der HuBuT, kurz für Hunsbuckel Trail im schönen Hunsrück. Start ist in Laubach nahe Kastellaun, und es werden 3 verschiedene Strecken angeboten: 63 km, 37 km und 13 km. Das Highlight auf der 63 km Strecke ist die Überquerung der 2015 errichteten Geierlay Brücke in Mörsdorf, mit 360 m und 100 m über Grund bis vor kurzem Deutschlands längste Hängeseilbrücke. Erst im Mai dieses Jahres kam im Harz eine weitere Brücke dazu, die 483 m lange Titan RT. Also noch eine Gemeinsamkeit mit dem Obergurgler Gletschermarathon, wo es auch über eine Hängebrücke ging.
Vorgeschichte: Trailrunning mit Höhenangst
Hängebrücken – ja, das ist so ein Thema für mich, denn ich habe Höhenangst. Höhenangst bei Trailrunnern? Ja, das ist ganz normal und ich kenne einige andere, denen es ähnlich geht. Ich entdeckte den HuBuT im Mai bei Facebook, wo ich sah, dass einige Lauffreunde von mir dort bereits angemeldet waren. Und ich dachte mir nur: ohje – das mit Höhenangst?
Ich erinnerte mich an meine gequälten Versuche im letzten Jahr vorm ZUT in Garmisch-Partenkirchen, wo ich es nur mit Mühe und Not schaffte, die Hacker-Pschorr-Hängebrücke (Faukenbrücke) zu überqueren. Damals hätte ich lieber den 4 km Umweg an der Schlucht vorbei in Kauf genommen, als über die Brücke zu laufen. Und die Hacker-Pschorr ist bloß 56 m lang mit einer Höhe von 30 m….
Aber ich wollte es wissen…
Und da ich zu der Zeit gerade für einige wingwave®-Coaches aus dem Saarland eine Homepage baue, kommt mir die Idee: warum nicht mit wingwave® versuchen? Schließlich ist das eine Coaching-Methode, die sehr gut bei Ängsten (nicht nur Höhenangst, auch Flugangst, Spinnenangst etc.) wirkt. Mehr Infos zum Thema wingwave® findest Du hier.
Und so reifte der Plan…
In der Zwischenzeit war Robert – für den Höhenangst ein Fremdwort ist – zufälligerweise auf Dienstreise in Kastellaun. Also schnell die Action Cam eingepackt und morgens früh vor dem Meeting mit ein paar Kollegen nach Mörsdorf zur Brücke gefahren. Übrigens ist es nur zu empfehlen, die Brücke früh morgens zu besuchen, wenn der große Besucherandrang noch nicht da ist. Dort entstand dann dieses Video:
Daraufhin meldete ich mich endgültig an und zusammen mit den wingwave® Coaches Eva Nitschinger und Corinne Nowak schmiedeten wir den Plan, ein sogenanntes In-Vivo-Coaching auf der Brücke durchzuführen. Man kann die Coachings natürlich auch ganz normal in der Praxis durchführen und muss nicht unbedingt zum Ort des Geschehens fahren (was ja auch nicht immer machbar ist), aber zum einen ist es effektiver und zum anderen hatten wir so die Gelegenheit, ein kleines Video für die Homepage zu drehen. Mein Coach Corinne musste sich auch erstmal beim Anblick der Brücke coachen lassen, das Ergebnis siehst Du hier:
Nun geht es natürlich nicht immer so schnell, und ich habe noch eine weitere Sitzung gebraucht, vor allem, als ich merkte, dass bei meinem Gletscherrun in Obergurgl auch eine Hängebrücke dabei war, die Piccard-Brücke in Obergurgl – und ich muss sagen, danach machte mir die Geierlay weniger Sorgen…
HuBuT – der Hunsbuckel Trail
Lange Vorgeschichte, aber nun geht es endlich auf den Trail! Start beim 63 km Hunsbuckel Trail ist morgens um 7 Uhr, das heißt Abfahrt um 4:30 Uhr! Uff. Gar nicht meine Zeit, aber zum Glück muss ich nicht fahren, ich reise mit ein paar Lauffreunden vom HartfüßlerTrail an.
In Laubach angekommen, stelle ich fest, dass es arschkalt ist, gerade mal 6 oder 7 Grad. Meine Armlinge habe ich natürlich nicht dabei, aber Not macht erfinderisch: in meiner Tasche finde ich – warum auch immer – ein paar Nylonstrümpfe, die ich mit Hilfe einer Schere kurzerhand umfunktioniere… Zum Glück soll es heute im Laufe des Tages wärmer werden…
Der Startschuss fällt, anfangs ist es noch eng, aber das legt sich bald wieder und der Weg wird wieder breiter. Die ganz schnellen Mädels überholen mich, aber ich stelle fest, dass ich doch recht weit vorne bin, 4. oder 5. denke ich. Deshalb konzentriere ich mich auch mehr aufs Laufen und weniger aufs Filmen und genieße es, endlich mal wieder auf einem laufbaren Trail unterwegs zu sein (nach all den alpinen Speed-Hiking-Abenteuern im Vorfeld).
Daher gibt es vom ersten Abschnitt, der uns über verwunschene Singletrails und wildromantische Holzbrücken führt, auch keine Aufnahmen. Schnell laufen und filmen – das lässt sich schwer vereinbaren, für mich zumindest.
Bei km 5 etwa treffen wir auf einen Mountainbiker, der uns warnt, dass Vandalen die Markierungen manipuliert hätten – und tatsächlich: die Flatterbänder wurden entfernt und an einem Abzweig an der falschen Stelle wieder aufgehängt – am Boden vor dem Abzweig sieht man noch den durchgezogenen Strich der Markierung. Zum Glück befinde ich mich gerade mit ortskundigen Läufern in der Gruppe, und so haben wir keine Schwierigkeiten, den richtigen Weg zu finden. Den nächsten Streckenposten geben wir Bescheid, und bald erreichen uns auch wieder ein paar schnellere Läufer, die leider auf diese Manipulation reingefallen waren…
Die ersten 20 km bis zur Brücke sind höhenmetertechnisch nicht so wild: es geht hauptsächlich bergab bzw. über flache Passagen. Dennoch gibt es ein paar technische Highlights: da wir auf dem Saarhunsrücksteig unterwegs sind, gibt es auch ein paar Kletterpassagen zu meistern. Es geht über Steigeisen und an Ketten bergab (ok, das kenne ich auch noch vom Gletscherrun!) Dabei ist es ziemlich rutschig, denn es hat vorher geregnet. Auf solchen Passagen filme ich natürlich auch nicht, daher verweise ich für Bilder auf den Bericht von Joe Kelbel, der das fotografisch schön dokumentiert hat. Am Ende des Downhills geht es ziemlich steil bergab, ich rutsche aus und auf dem letzten Stück rutsche ich dann auf dem Hintern den Berg runter. Dabei schramme ich mir an irgendwelchen Wurzeln oder Steinen die Waden auf – zum Glück aber nicht weiter tragisch und außer einer Schürfwunde nix passiert.
So langsam nähern wir uns der Brücke, die organisationstechnisch recht früh, bei km 21 kommt. Ist auch besser so, denn je später, desto mehr Besucher und desto voller ist sie. So von unten sieht die Brücke doch recht imposant und gefährlich aus und ein mulmiges Gefühl kommt wieder hoch. Zum Glück legt sich das beim Betreten der Brücke wieder – bloß, dass die beiden vor mir unvermittelt stehen bleiben, um Fotos zu machen, stört mich ein wenig. Ich komme recht zügig voran und filme auch, zur Mitte hin wird es wieder etwas schwieriger für mich. So konzentriere ich mich mehr auf meinen Vordermann als auf die Brücke und komme dabei mit ihm ins Gespräch. Und plötzlich ist die Brücke zu Ende! Wahnsinn – ich hätte jetzt einfach so weiterlaufen können! Am Ende der Brücke begrüßt uns ein Fotograf und ich bin megastolz, es geschafft zu haben!
Nun geht es aber ans Eingemachte: auf den ersten 22 km haben wir bloß 200 Hm gemacht, d.h. die restlichen 1500 kommen jetzt noch! Ich merke jetzt auch, dass ich das erste Stück doch recht flott unterwegs war, nachdem ich die viele Lauferei am Stück gar nicht mehr gewohnt bin.
Ich verliere zwei Plätze im Klassement, das ist aber nicht schlimm: ich bin immer noch in Hochstimmung wegen dem Erfolg auf der Brücke und genieße die schöne Landschaft.
Die Abschnitte werden steiler, die Gehpassagen mehr. Es geht im Mix über wunderschöne Singletrails durch den Wald mit vielen Matschpassagen und über Felder.
Am Schluss geht’s auch nochmal durch Kastellaun durch, leider nicht durch die Burg, aber da gab’s wohl keine Genehmigung.
Dafür geht es dann über eine Mountainbike Strecke durch einen Hochseilgarten. Ein Mountainbiker begleitet mich ein Stück und ich denke, „hm, was will der – ich bin doch weder so weit vorne noch so weit hinten.“ Aber er bleibt an der nächsten Kreuzung stehen. Später stellt sich raus, dass er auf den letzten Läufer der 37 km wartet.
Nun aber endlich Endspurt! In guten 7:47 h als 7. Frau gesamt erreiche ich das Ziel und werde herzlich empfangen. Es gibt eine tolle Schiefermedaille als Finisherprämie und wohl auch ein T-Shirt, wie ich später sehe (hm, das habe ich wohl irgendwie verpasst). Ich verpasse auch ganz knapp die Siegerehrung, dafür erlebe ich den Zieleinlauf des letzten Läufers der 37 km zusammen mit dem Mountainbiker von vorhin. Für den letzten gibt es einen Restaurant-Gutschein – es kann sich also auch lohnen, es mal gemütlicher angehen zu lassen 😉
So nach und nach trudeln nun auch meine Lauffreunde ein, darunter Ursel, die nach einer längeren Verletzungspause endlich wieder länger laufen konnte und das auch mit Bravour gemeistert hat. Also Grund zum Feiern für uns beide!