Der Mont Blanc, höchster Berg der Alpen und der EU, übt eine ganz besondere Faszination aus – liegt er doch inmitten einer der schönsten Regionen der Alpen. Bergsteiger, Wanderer Kletterer und zuletzt die Trailläufer kommen hier voll auf ihre Kosten. Rund um den Mont Blanc finden zahlreiche (Ultra-) Trails statt, seien es UTMB, Trail des Aiguilles Rouges, Gran Trail Courmayeur oder eben der Mont-Blanc Marathon.
Bei meiner Anmeldung im Oktober letzten Jahres konnte ich mir noch nicht vorstellen, einmal 80 km mit 6000 positiven Höhenmetern zu laufen, so entschloss ich mich für den Marathon mit 42,5km und 2511 m D+, was auch gleichzeitig mein erster Alpenmarathon und alpiner Trail werden sollte. Und noch ein ganz besonderes Highlight: In diesem Jahr fanden die Skyrunning World Championships im Rahmen des Mont-Blanc Marathon statt. So war bei den verschiedenen Strecken dann auch die Weltelite am Start und man konnte auf der Strecke und am Rande des Geschehens die Stars der Szene hautnaher erleben.
Für alle, die nichts mit dem Begriff Skyrunning anzufangen wissen: das ist eine ganz besondere Form des Berglaufs, die in einer Höhe größer 2.000 m stattfindet, mit einem Anstieg steiler als 30% und mit Kletterpassagen, die den 2. Schwierigkeitsgrad nicht übersteigen (keine zu sehr ausgesetzten Passagen, Absicherung durch Seil nicht notwendig) [Wikipedia]
Nach einer Woche Höhenakklimatisierung in L’Alpe d’Huez machten wir uns freitags auf nach Chamonix, wo seit 4 Uhr morgens bereits das erste Rennen, die 80 km du Mont-Blanc, im Gange war – mit hochkarätigen Spitzenathleten am Start. Den Zieleinlauf der ersten verpassten wir leider knapp, kamen aber noch rechtzeitig, um den ersten Deutschen (und Gesamt-Fünften), Philipp Reiter, ins Ziel einlaufen zu sehen. In Chamonix herrschte bereits Wahnsinns-Stimmung unter den Zuschauern bei bestem Wetter! Wir nutzten die Wartezeit zum Zieleinlauf der ersten Mädels, um uns den Start des Kilomètre Vertical anzuschauen (3,8 km und 1.000 m D+).
Und die Mädels kamen auch bald, allen voran Emelie Forsberg, die nach 80 km in 12h38’49“ im Ziel ankam wie nach einem lockeren Waldlauf. Kurz darauf dann die 2., Anna Frost in 12h46’57“ und die 3., Magdalena Laczak, eine alte Bekannte, die Siegerin des 114 km Ultra Mallorca. Als die schnellen Frauen ins Ziel kamen, herrschte auch wieder eine bombastische Stimmung bei den Zuschauern, angetrieben auch durch die Sprecher im Zielbereich. Die Läuferinnen kosteten das aus und klatschen beim Zieleinlauf zahlreiche Zuschauer ab und sorgten so für noch mehr Begeisterung.
Der nächste Tag dann eher gemütlich, Ruhetag vorm großen Event. Startnummer abholen, Trail-Wein shoppen beim 2. des 80 km Laufs und Winzer François d’Haene, Zieleinlauf des Cross Du Mont-Blanc auf Planpraz schauen (wo auch das Ziel des Marathons sein sollte).
Schnell noch ein paar Tipps abholen bei Dawa Sherpa und bangen wegen der Wetterprognosen für den nächsten Tag – und tatsächlich: am Abend dann die Ankündigung der Veranstalter, dass die Strecke des Marathons geändert werden sollte wegen Schlechtwetters:
Der erste Teil blieb gleich bis zum Col des Posettes (1997 m), dann statt Anstieg auf Aiguilettes des Posettes (2201 m) direkt wieder runter nach le Tour, Zielankunft nicht mehr auf Planpraz (2044 m), sondern wieder in Chamonix. Übrigens das erste Mal nach 11 Jahren Mont-Blanc-Marathon, dass Plan B ins Spiel kommen musste.
Tolle Aussichten. Die ganze Nacht über Starkregen, kaum Schlaf, um 5 Uhr aufstehen. Immer noch Regen. Ganz kurze Regenpause, doch wenige Minuten vorm Start setzte erneut Starkregen ein. Trotz allem Superstimmung unter den Zuschauern und unter den Läufern – meine Stimmung hielt sich jedoch in Grenzen: hatte ich mich doch so sehr auf einen tollen Lauf mit grandioser Aussicht gefreut!
Raus aus dem verregneten Chamonix mit Stau schon in der ersten Kurve, ging es auf den ersten Teil der Strecke: eher unspektakulär auf breiten Waldwegen, schönes, relativ flaches 10 km Einlaufen (très, très roulant! – so würde Sieger Kilian Jornet später wieder einmal sagen) bis nach Argentière, wo am Ende des Örtchens der erste steile Anstieg wartete – und der erste richtige Stau! In der Vorbereitung hatte ich sowas schon auf Youtube in diversen Videos gesehen. Fast 10 Minuten dauerte das Ganze, was bei 12 °C und Dauerregen nicht gerade angenehm ist. Im danach folgenden steilen Stück wurde mir zum Glück schnell wieder warm.
Die nächsten 10 km immer mal wieder hoch und dann wieder runter bis nach Vallorcine. Dort dann der nicht mehr ganz so „roulante“ Teil: von 1.300 m auf 2.000 in 4,5 km! Und auch wenn das letzte Stück bis zu den Aiguilettes des Posettes fehlte: der Teil machte richtig Spaß! Bei dem Wetter war ich auch ganz froh um die Streckenänderung: bei der Nässe und dem Nebel wäre das oben einfach zu gefährlich gewesen! Auf dem höchsten Punkt der Strecke, dem Col des Posettes trotz gefühlten 4 °C, Nebel, Regen und Wind begeisterte Zuschauer!
Der Abstieg nach le Tour war dann auch nicht so technisch anspruchsvoll, auf einem relativ breiten Fahrweg – dann eben ein wenig schneller! Bei km 29 dann wieder wie bei km 12,5 in Tré le Champ, wo eine Straße über ein wackliges Baugerüst überquert werden musste – sollte das wirklich der technische Teil des Trails gewesen sein? Aber nein, denn bald ging es schon wieder über schmale Single-Trails steil bergan – und genauso steil auch wieder runter über nasse Steine, Felsen und Matsch!
Und nun der letzte steile Anstieg bis nach La Flégère – 200 Hm auf 1 km sind nicht ohne! Oben angekommen, Anfeuerungsrufe von deutschen Landsleuten – schließlich war’s ja eine WM und jeder trug die Landesflagge vorne auf der Startnummer. Der ursprünglichen Strecke nach wäre es jetzt immer weiter nach oben gegangen, aber wir mussten ja jetzt wieder runter nach Chamonix – von 1861 m auf 1034 m in 5 km! Und dieser Abstieg hatte es wirklich in sich! Schmale, steinige, rutschige, steile Single Trails – schnell kam ich hier nicht voran – die vielen Kilometer in letzter Zeit machten sich jetzt wirklich bemerkbar!
Der letzte flache km bis ins Ziel dann wieder etwas schneller – ich ließ mich vom Jubel der Zuschauer tragen, die die Straßen von Chamonix bevölkerten. Ich liebe ja Trails in Frankreich allein schon aus diesem Grund – begeisterte, jubelnde Zuschauer schon in den kleinsten Vogesendörfern – aber das hier war noch viel besser! Ähnlich wie mein Zieleinlauf in Pollença beim Mallorca Trail – und das bei diesem Wetter! Nach 7:15:28 kam ich ins Ziel – ein tolles Erlebnis trotz miesen Wetters!
Nächstes Jahr bin ich sicher wieder dabei – dann allerdings auf der 80 km Strecke (und hoffentlich besserem Wetter)!
Mont Blanc Marathon Best Moments Video: Gänsehautfaktor!!!