Der Pitz Alpine P85 ist ein harter alpiner Trail im österreichischen Pitztal, mit 85 km, über 5000 Hm und einer Gletscherquerung über den Pitztaler Gletscher.
Vorgeschichte Pitz Alpine 2018
Nachdem ich 2016 beim Pitz Alpine wegen Schneefalls nicht auf den Gletscher konnte, wollte ich es 2018 unbedingt noch einmal versuchen. Da kam es mir gerade recht, dass mein Verein, der HartfüßlerTrail e.V. den Lauf in diesem Jahr als Vereinsfahrt geplant hatte: mit günstiger Unterkunft als Gruppe in einem großen Gemeinschaftshaus und Mitfahrgemeinschaften – was eine viel angenehmere und komfortablere Anreise für mich bedeutete als 2016. Wenn man dann im Verein noch einen Sternekoch hat, der die ganze Mannschaft mit leckerem Essen versorgt, umso besser ?.
Was die Strecke anging, war ich erst noch etwas unsicher: wieder den Gletscher Marathon versuchen oder eine der längeren Strecken? Die P100 kam für mich nicht in Frage, denn die letzte Schleife (die P15 Strecke) fand ich nicht so interessant – also entschied ich mich für den P85, zumal man beim Pitz Alpine auch noch kurzfristig die Möglichkeit hat, auf eine andere Strecke umzubuchen.
Bei meiner Streckenbegehung kamen mir dann aber doch Bedenken: ich hatte immer noch Probleme mit Höhenangst und die Passage nach der Kaunergrathütte, ein sehr ausgesetzter Downhill über Blockwerk, machte mir ein wenig Sorgen. Ich war hin- und hergerissen, auf den Marathon zurückzumelden, doch ich blieb letztendlich bei meiner Entscheidung – ich wollte beim P85 starten!
Start Pitz Alpine P85
Der Start beim P85 bedeutet natürlich auch, früh aufzustehen – denn um 3:30 Uhr mitten in der Nacht geht es zusammen mit den Läufern des P100 los – nicht meine beste Startzeit… Ein Shuttlebus bringt uns zum Start in Mandarfen.
Aufstieg zum Gletscher
Der erste Anstieg macht mir richtig zu schaffen: es ist recht schwül in der Nacht, ich bin nicht richtig akklimatisiert, und je höher wir kommen, desto ausgesetzter wird es. Das sieht man auch im Dunkeln! Jedenfalls bin ich so gleich am Anfang schon recht weit hinten im Feld. Bald graut der Morgen – und so schön die Landschaft um mich herum auch ist, so steil und ausgesetzt sind auch die Passagen. Und wenn dann noch Schilder auftauchen mit „Achtung – gefährlicher Streckenabschnitt“ fängt einem Höhenängstlichen dann doch das Herz an zu rasen.
Auf diesem Abschnitt braucht man zum Teil beide Hände, und so wie ich mich hier anstelle, müssen die Streckenposten von der Bergwacht wohl denken, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank… ?
Jedenfalls fasse ich hier schon sehr früh den Entschluss, nur den Gletscher Marathon zu laufen (man wird beim Pitz Alpine auch als Abbrecher für die gefinishte kürzere Strecke gewertet), denn die Passage an der Kaunergrathütte will ich mir nach dem Erlebnis dann doch nicht mehr antun.
Endlich ist der Anstieg zum höchsten Punkt der Strecke, der Mittagskogelscharte auf 3070 m, erreicht und nun geht es erstmal einen schönen, aber etwas felsigen Downhill Richtung Gletscher. Dort muss ich dann auch gleich schon zur Seite hüpfen, denn die ersten Läufer des Glacier Marathons, die 2 Stunden nach uns gestartet waren, kommen von hinten an…wow – krasses Tempo!
Gletscherpassage – Pitztaler Gletscher
Der Weg zum Gletscher lässt sich zunächst einmal recht einfach laufen, auf breiten Fahrwegen an der Bergstation Gletscherexpress vorbei, wo auch der erste VP sich befindet, zugegebenermaßen etwas dürftig ausgestattet, aber mir steht der Sinn eh gerade nicht nach viel Essen.
Kurz vorm Gletscher heißt es erst mal Spikes* anschnallen, die auch bei diesem Lauf Pflicht sind, denn die Passage ist zwar recht flach, aber komplett vereist. Und auch diesmal bereitet es mir wieder sehr viel Spaß, mit den Spikes auf dem Gletscher zu laufen – wie schon vor 2 Jahren auf meiner Streckenerkundung.
Mir kommt es irgendwie so vor, als sei der Gletscher in den letzten 2 Jahren ein klein wenig geschrumpft, was ich sehr traurig finde…
Dafür gibt es aber eine kleine Überraschung: kurz nach dem Gletscher überholt mich eine alte Bekannte, Tina Fischl, die erste Frau des Marathons, die die doch recht technische Strecke zur Braunschweiger Hütte ein wenig schneller und leichtfüßiger meistert als ich ?
Braunschweiger Hütte 2759 m
Nicht nur die Passage hoch zur Hütte ist recht technisch, sondern auch der Downhill, aber den kenne ich ja bereits – umso erstaunter bin ich, wie gut ich ihn laufen kann – ich fühle mich auf diesem doch recht ausgesetzten Weg sicherer als beim Aufstieg zum Gletscher.
Kein Vergleich natürlich mit den Marathonis, die mich überholen, was mir die Gelegenheit gibt, die schnellen Läufer beim Abstieg zu filmen.
Mandarfen 1670 m
Nach 5:30 h treffe ich dann in Mandarfen ein, wo es auf die nächste Runde geht. Zum Glück kann man hier die Spikes abgeben am VP, denn die braucht man ja nun wirklich nicht mehr. Beim Downhill scheine ich sogar wieder etwas Zeit gut gemacht zu haben, denn hier treffe ich wieder auf meine Vereinskollegen vom HartfüßlerTrail, die ich weit vor mir geglaubt hatte.
Aufstieg zur Sunna Alm
Nun geht es weiter zusammen mit den Marathonis vom Gletscher Marathon und den P100 Läufern hoch in Richtung Sunna Alm. Wir erwarteten, bald von den schnellen Läufern der zweiten Marathon Strecke, des Riffelsee Marathons, überholt zu werden, denn in Mandarfen war gerade der Startschuss gefallen. Unter den ersten Marathonläufern erwarten wir Martin Schedler, den saarländischen Top Athleten. Die ersten Läufer kommen – aber kein Martin…es kommen immer mehr…ist er gar nicht gestartet? Wie sich dann rausstellt, war der Rifflsee Marathon schon längst gestartet, die Läufer, die uns überholen, sind auf der P15 Strecke unterwegs. Martin hat auf dem Marathon dann übrigens den 2. Platz gemacht, hätte mich auch gewundert sonst ?
Rifflseehütte 2289 m
Nun erreichen wir endlich die Rifflseehütte, und mir geht es zunehmend schlechter. Die Sonne brutzelt bereits mit voller Kraft und ich hatte mir anscheinend gestern einen Sonnenstich geholt, war zu lange draußen unter freiem Himmel ohne Kopfbedeckung gewesen. Wie doof! Jedenfalls habe ich es tierisch im Magen, und während meine Hartfüßler Kollegen sich in der Hütte bei einem Bier stärken, musste ich dort erstmal eine Einrichtung aufsuchen… So verliere ich sie erstmal aus den Augen, auf dem Weg zur Sunna Alm kann ich sie dann mit einigem Abstand vor mir sehen.
Sunna Alm 2300 m – Rifflsee
Der Rifflsee ist wirklich ein schöner Bergsee, und ich genieße den Anblick, den ich von oben habe. So langsam wird es immer heißer. Von der Sunna Alm aus laufen wir einen einfachen Downhill runter, einmal um den See herum.
Überall stehen Schilder mit Sprüchen ähnlich wie beim KUT, z.B. „Run like you stole something“ oder „Quäl dich, Du Sau!“ (auch wenn das ja eher aus dem Radsport stammt).
Ich kann meine Lauffreunde immer in Reichweite sehen, komme aber nicht ganz hinterher. Dieser Abschnitt auf einem schmalen Höhenweg hat es echt in sich, auch wenn er ganz harmlos daherkommt. Immer mehr Marathonis, P15 und P26 Läufer überholen mich auf den teilweise recht ausgesetzten Wegen. So habe ich das aus 2016 gar nicht in Erinnerung, aber damals war es ja auch recht neblig – manchmal hat schlechtes Wetter doch etwas Gutes, vor allem bei Höhenangst ?.
Fuldaer Höhenweg
Noch ausgesetzter ist der Fuldaer Höhenweg, auf dem wir nun unterwegs sind. Mir ist ein wenig schwindlig, nicht nur von der Höhe und den ausgesetzten Passagen: mir macht die Sonne zu schaffen. Ein Sonnenstich? Jedenfalls bin ich sehr erschöpft und kann kaum noch geradeaus gehen.
Der Weg zum Taschachhaus zieht sich und nimmt kein Ende. Das ist ja meistens so, wenn man dringend einen VP erwartet, stimmen plötzlich die Kilometer-Angaben nicht mehr und der Weg wird immer länger und länger.
Nun folgt der schwierigste Teil für mich, vor allem mit den mittlerweile etwas wackligen Beinen. Seilpassagen! Ich kriege die Krise. Ja, daran erinnere ich mich noch aus 2016. Auch damals hatten diese Passagen mir zu schaffen gemacht. Ich treffe Tom, einen meiner Lauffreunde vom HartfüßlerTrail, der beim Gletschermarathon unterwegs ist – gerade an einer für mich doch recht schwierigen Passage. Mein Retter! Ich falle ihm gleich mal um den Hals und er geht die Passage mit mir zusammen und nimmt mir die Stöcke ab, damit ich mich ganz auf die Seilpassage konzentrieren kann. An dieser Stelle noch einmal danke dafür!
Bald ist der höchste Punkt erreicht und ich lasse ihn wieder ziehen, denn mittlerweile ist die Strecke wieder einfacher geworden und ich will nicht, dass er auf mich warten muss. Mir ist total schwindlig und ich beschließe nun definitiv, nach dem Marathon aufzuhören.
Taschachhaus 2434 m
Der Weg zum Taschachhaus zieht sich weiterhin endlos. Noch ein wenig zu laufen, aber bald ist es geschafft. Am Taschachhaus treffe ich 3 meiner Freunde vom HartfüßlerTrail wieder, die dort ein Bier trinken – und gar nicht gemerkt haben, dass der VP da ist. Der ist aber wirklich sehr mager ausgestattet und lädt nicht zum Verweilen ein.
Auch die Vereinskollegen wollen aufhören und es gar nicht versuchen, den Cutoff in Mandarfen zu schaffen.Machbar wäre es zwar, aber spätestens beim nächsten Cutoff an der Kaunergrathütte wären wir draußen. So wandern wir gemütlich zurück.
Ziel – Finisher P42G
Zu viert laufen wir gemeinsam ein, und bald folgt noch ein weiterer Hartfüßler. Bloß zwei von uns haben es auf der P85 Strecke geschafft, Jenny wird sogar 2. Frau. Auf den kürzeren Strecken sieht es besser aus, aber selbst da gibt es einige Abbrüche.
Der Weg über den Gletscher selbst ist dabei recht einfach zu laufen. Auch die Organisation ist wieder top, die Streckenmarkierung super, allerdings hat das Angebot an den Verpflegungsständen nachgelassen, dort gibt es kaum Auswahl. Das Rahmenprogramm ist auch wie 2016 schon sehr interessant, ich kenne kaum Veranstaltungen mit so viel Programm, mal abgesehen von den Events in Chamonix.
Bei diesem Trail habe ich allerdings wie bei einigen anderen auch den Eindruck, dass man hier auch über die engen Cutoff-Zeiten ein wenig zu sieben versucht, um sich härtester Trail nennen zu können – was andererseits aber auch verständlich ist, denn im alpinen Gelände kann es immer wieder zu gefährlichen Situationen kommen. Was aber auch heißt, dass man als langsamerer Läufer auf einer der kürzeren Strecken besser aufgehoben ist. Wer noch keine alpine Erfahrung hat, sollte zumindest von den Strecken, die über den Gletscher führen, die Finger lassen.
Ein empfehlenswerter landschaftlich reizvoller Trail, zu dem man allerdings nicht untrainiert antreten sollte.
Schön finde ich, dass man bei Abbruch in der niedrigeren Distanz dennoch gewertet wird (auch wenn für uns letzte EX P85er keine Medaillen mehr verfügbar waren). Die Kilometer-Angaben waren nicht ganz korrekt, der P42G hatte 48 km, der P85 über 90 und der P100 hatte auch einige Kilometer mehr – was aber jetzt in der neuen Ausschreibung korrigiert ist.
Pflichtausrüstung:
- Ausreichend Wasser (gerade in großer Höhe braucht man viel mehr!)
- Nahrungsreserve
- Regenjacke wasserdicht (min 5000mm Wassersäule)
- Regenhose
- Trailschuhe mit Grip
- Handschuhe
- Mütze
- Erste Hilfe Set
- Handy
- Stirnlampe, Rückenlampe und Ersatzbatterie
- Mütze oder Buff
- Pfeife
- Rettungsdecke
- Spikes * (mind. 0,75 cm lang, empfohlen Chainsen Pro von Snowline* mit 1 cm langen Spikes)
- Becher
- Personalausweis und Krankenversicherungskarte
- Streckenkarte
- Wechselbekleidung: lange Hose und Langarmshirt
Empfohlen:
- Stöcke
- Sonnencreme (die Höhensonne ist nicht zu unterschätzen, nicht nur bei sehr heller Haut!)
- Schirmmütze
- Sonnenbrille