2 Wochen nach der Intégrale stand mal wieder ein längerer Lauf an in meiner Vorbereitung für den 80 km du Mont-Blanc. Da kam mir der Trail du Wurzel gerade recht mit seinen 54 km und 2.300 Höhenmetern. Außerdem fand ich den Namen und das Maskottchen, ein kleiner laufender Wurzelsepp ganz witzig – auch wenn mir klar war, dass man bei den Franzosen da schnell auf die Nase fallen kann, denn hinter so einem witzigen Namen kann auch ein sehr anspruchsvoller und hammerharter Trail dahinterstecken.
(So passiert 2013 beim Ecotrail du Pays de Briey – La Piste du Schneck mit einer lustigen Schnecke als Maskottchen – der sich als knüppelharter Trail entpuppte, bei dem wir mit einem 5:30er Schnitt vom Start weg Bekanntschaft mit den Besenläufern machen durften…)
Um 6:00 morgens war Start des Trail du Wurzel in dem kleinen mittelalterlichen Örtchen Villé in den Vogesen. Ganz ehrlich: Ich hatte sehr schnell auf Anmelden geklickt, ohne auf die Uhrzeit zu achten – vielleicht hätte ich mich sonst gar nicht angemeldet…
Für den 23. April war es so früh morgens noch recht kalt, und ich war froh, meine Handschuhe mit zu haben. Und irgendwie fehlte mir an dem Tag sowieso ein wenig die Motivation: so früh, so kalt, wieder so ein ewig langer Lauf, warum tust du dir das überhaupt an? Es herrschte beim Start jetzt auch nicht die Megastimmung, wie ich sie von anderen Läufen her kannte – was aber wohl auch der frühen Startzeit und der recht überschaubaren Teilnehmerzahl geschuldet war.
Irgendwie kam ich also erstmal nicht so richtig in Trab, aber ich sagte mir: da musst du durch! Gutes Mentaltraining für den Mont-Blanc eben, durchhalten, auch wenn die Lust mal nicht so da ist.
Zunächst einmal ein relativ flaches Einlaufen durch den Ort, dann kam auch gleich schon die erste Rampe von insgesamt 4 Hammeranstiegen. Durch Weinberge, Wiesen und Wälder hinauf zum ersten Gipfel, dem Ungersberg mit dem Tour du Hering (Heringsturm) – der heißt wirklich so!
Am Anfang wunderte ich mich, dass nix los war an der Strecke, aber es war ja auch noch früh, in einer Gegend, wo sowieso nicht so viel los ist. So langsam kam dann auch die Sonne raus und wir erreichten nach einem schönen Downhill den ersten VP in Breitenbach, fast noch im Wald gelegen.
Nun kam gleich schon Rampe Nummer 2, die uns auf ein kleines Felsmassiv auf knapp 800m mit feinen, etwas technischeren Trails führte. Beim folgenden steilen Downhill sorgte ich wieder für Aufsehen, so dass mich eine Läuferin am nächsten VP ansprach, ob ich keine Angst hätte, so schnell bergab zu laufen. Ich lachte und entgegnete: „Ich bin berghoch nicht so schnell, das muss ich bergab wieder aufholen.“
An Rampe 3 gesellte sich ein elsässischer Läufer zu mir, der mich dann auch beim Hochlaufen filmte.
Beim Anstieg trafen wir auf ein paar Wanderer, die mein Begleiter nach Schnaps fragte – ja, die Elsässer nennen das auch „Le Schnaps“! Ich hielt das für einen Scherz, aber der Wanderer zog gleich als Antwort einen Flachmann aus dem Rucksack und reichte ihn meinem Begleiter, der sich dann beim Trinken mit seinem Smartphone fotografieren ließ. Ich lief weiter, beim nächsten Anstieg schloss er wieder zu mir auf. Ich fragte ihn, ob der Schnaps denn geschmeckt hätte. Aber anscheinend war der Schnaps doch nicht so das ideale Läufergetränk, denn bald schon blieb er hinter mir zurück.
Der folgende Downhill war dann wieder ganz nach meinem Geschmack, und so erreichte ich bei km 40 VP3, wieder in Villé. Hier wäre die Möglichkeit, wegen der Nähe zum Start-/ Zielbereich auszusteigen, was für mich natürlich nicht in Frage kam!
Auf mich wartete Rampe Nummer 4 – und die hatte es wirklich in sich! Der Weg führte eine richtig steile Wand hoch, die mich ewig viel Zeit kostete. Oben auf einem Felsplateau angekommen, sprach mich eine Gruppe deutscher Mountainbiker an, die wissen wollten, wie viele Läufer da wohl noch kämen. Dummerweise hatten sie sich genau unsere Laufstrecke zum Biken ausgesucht. Da ich bei weitem nicht die letzte war, würden sie sich also noch ein wenig gedulden müssen. Deshalb mein Tipp an alle Mountainbiker: besser vorher informieren, ob nicht gerade ein Trail auf der Bikestrecke stattfindet!
Plötzlich hörte ich Lärm: jubelnde Leute, Geschrei, Gejohle – was war denn hier los? 2 km später wusste ich es: Auf dem Weg zum Rocher des Fées standen Streckenposten, die die ankommenden Läufer mit Glöckchen und Jubelrufen anfeuerten. Wie geil, war das denn? Eine kurze Kletterpassage zum Rocher des Fées – hier finde ich den französischen Namen übrigens viel viel schöner als die deutsche Übersetzung „Hexenfelsen“ – und eine kurze Schleife um den Felsen herum, dann endlich Abstieg!
Ich war froh, dass ich bergab immer noch so gut drauf war – ich konnte sogar auf den letzten Kilometern noch Läufer überholen. Tolle Stimmung herrschte im Ziel, das ich als 8. Frau gesamt und 4. in meiner AK erreichte.
Diese Trainingseinheit hatte ich also gemeistert – hurra! Die Woche drauf sollte mich dann noch ein Tempotraining beim (Straßen-) Marathon in St. Wendel erwarten.