Von mittelalterlichen Burgen, mystischen Orten, Rittern und Spielleuten – ein königlicher Ultra-Trail mitten im Elsass
Der UTHK – mein 1. Ultra-Trail – und was für einer! Ein wunderschöner, anspruchsvoller Rundkurs durch traumhafte Landschaften, märchenhafte Wälder und romantische Burgen mit einem ganz besonderen Highlight: Durchquerung der Haut-Koenigsbourg, der meist besuchten Burg im Elsass.
Ich liebe ja Trails in den Vogesen, und der Trail du Haut-Koenigsbourg stand daher auch schon eine Weile auf meiner Liste. Dazu kam, dass in diesem Jahr zum ersten Mal eine Ultra-Distanz (84 km und 3.284 m D+) angeboten wurde und ich ja ohnehin endlich mal eine solche Distanz bewältigen wollte. Damit war klar: dies wird Premiere für den 1. Ultra-Trail im Elsass und gleichzeitig meine Ultra-Trail Premiere! Besser geht es gar nicht, auch wenn mit der Start um 2 Uhr nachts schon ein wenig Bammel bereitete. Glücklicherweise konnte ich im Vorfeld eine der angebotenen Kennenlern-Touren auf der Strecke wahrnehmen und auch mal auf eigene Faust einen Teil der Strecke erkunden. Diese Streckenbesichtigungen bei Tag und einige Trainingsläufe bei Nacht haben mir die Sorgen dann fast völlig genommen und noch dazu eine Menge Spaß gemacht. Übrigens: das Angebot der Veranstalter, mit auf Erkundungstour zu gehen, ist echt der Hammer. Geführte Tour mit ortskundigen Läufern, Verpflegung inklusive und das alles kostenlos…ein fantastisches Engagement, das mich echt umhaut und allen Respekt verdient.
Voller Vorfreude auf das Mega-Event ging es dann nachts zum Start. Lauter „Verrückte“, viele in der Ultra-Trail-Szene kennen sich eh und sogar ich als Küken traf Bekannte von der Erkundungstour und auch einen Läufer, den ich beim Trail du Vélan einige Male getroffen hatte….aber zum Glück dieses Mal bei besserem Wetter!
Der erste Teil der Strecke gestaltete sich recht unproblematisch: vom Start weg ging es erstmal durch das beschauliche Örtchen Kintzheim, durch die Weinberge stetig nach oben und dann über gut laufbare Waldwege und nicht zu anspruchsvolle Singletrails – was mir auch ganz recht war, denn in der Nacht brauche ich nicht unbedingt hochtechnische Passagen.
Der zweite Abschnitt über das Massif du Taennchel mit seinen mystischen Felsen hatte einige technische Passagen zu bieten, aber auch keine wirklich großen Schwierigkeiten.
Ein unbeschreibliches Gefühl war es dann in einen wunderschönen Sonnenaufgang hineinzulaufen….schon einige Stunden auf den Beinen und mehrere Kilometer in den Beinen. Zeit dann auch, meine Stirnlampe von Lupine im Rucksack zu verstauen. Vielen Dank „Lupinchen“, aber die echte Sonne ist mir dann doch lieber.
Bis dato gab es als längste Distanz die 54km-Strecke, die 84er Runde führte nun von dieser etablierten Tour weg auf eine 16,5 km Extraschleife weiter und die war wirklich wunderschön! Auf romantischen Felsenwegen rund um die drei berühmten Burgruinen rund um Ribeauvillé: Château de Saint-Ulrich, Château du Girsberg und Château du Haut-Ribeaupierre – wunderschön und technisch anspruchsvoll zugleich mit einigen heftigen Steigungen – nicht zu unterschätzen, wenn man schon fast 7 Stunden und einen Marathon mit fast 2.000 Höhenmetern in den Beinen hat…
Bei km 68 erreichte ich das kleine Örtchen Rodern – ganz happy, dass ich nun meine bisher längste gelaufene Distanz von 67 km überschritten hatte. Eine Zuschauerin am Straßenrand beglückwünschte mich noch zu meinem tollen Lauf-Rhythmus nach all den km – noch nichts zu sehen vom berühmten „Ultra-Schlurfschritt“! Doch nicht mal 500 m später ging es ab in die Weinberge – in der mittlerweile prallen Mittagshitze und bei Steigungen über 15%! Immer langsamer kam ich voran, die Beine wie Blei und eine Übelkeit machte sich breit, so wie ich sie bei den steilsten und heißesten Anstiegen des Mallorca Trail auch schon erlebt hatte. Einem vorbeilaufenden Läufer des 54 km Trail muss ich so leidgetan haben, dass er zurückkam und mir ein selbstgepflücktes Blümchen schenkte, obwohl er selbst schon sichtlich am Kämpfen war.
Beim nächsten Verpflegungspunkt traf ich auf meine beiden Lauffreunde Beate und Michael, mit denen ich gemeinsam gestartet war und wir machten uns nun gemeinsam auf den Weg.
Vor dem finalen Aufstieg zur Haut-Koenigsbourg warteten bereits meine Eltern und meine Schwester auf uns, um uns anzufeuern. Das gab noch einmal gewaltig Auftrieb und meine Begleiter und ich genossen die Durchquerung der Burg – mit als Ritter und Burgfräuleins verkleideten Helfern und mittelalterlicher Musik – ein Wahnsinns- Erlebnis! Ab jetzt ging es nur noch abwärts – und das Laufen fiel uns zunehmend leichter! Glücklich und Hand in Hand liefen wir nach 12:55:04 in Kintzheim ein.
Ein großes Lob an die perfekte Organisation, die 160 freiwilligen Helfer und die vorbildliche Streckenmarkierung – Verlaufen ist hier quasi unmöglich!
Für 68 EUR Startgeld wurde neben der tollen Organisation, Streckenführung und Verpflegung einiges geboten: Armlinge und Buff für alle Starter und eine hochwertige Finisherjacke.
Ich kann den Lauf uneingeschränkt empfehlen – und wer keine 84 km laufen will, kann zwischen Distanzen von 12 km, 24 km und 54 km auswählen – hier ist für jeden etwas dabei!
Ausrüstung:
- Stirnlampe: Lupine Piko X4
- Schuhe: La Sportiva Ultra Raptor
- Stöcke: Black Diamond Ultra Distance
- Rucksack: Salomon S-LAB Advanced Skin 12 Set