Zugspitz Trailrun Challenge – zum Geburtstag ein Marathon mit 4.000 Hm. Für Robert der erste Marathon – wenn nicht die Unwetterwarnung gewesen wäre. Leider gab es keinen Plan B…
Um meinen 40. Geburtstag und damit quasi den Eintritt ins Rentenalter gebührend zu feiern, war ich auf der Suche nach einem tollen Event: ein Marathon zum Geburtstag sollte es sein! Nach einiger Suche, bei der die Wahl zunächst auf den mir bereits bekannten Trail du Vélan im Schweizer Wallis gefallen war, sprang mir beim Durchblättern des Programmheftes beim Zugspitz Ultratrail die Zugspitz Trailrun Challenge ins Auge. Das war es! Vor allem nach dem blöden DNF beim ZUT eine tolle Gelegenheit für eine kleine „Revanche“. Robert war direkt Feuer und Flamme und beschloss, seinen ersten Marathon an der Zugspitze mit mir zu laufen. Gesagt, geplant.
Nach einem staureichen Anreisetag feierten wir meinen Geburtstag im schönen Tiroler Örtchen Bichlbach mit einem kleinen Geburtstagsläufchen und Warm-Up für den Marathon am folgenden Tag hinauf zum Alpkopf. Keine zu stramme Tour, damit die Beine am nächsten Tag fit an den Start gehen konnten. Entspannt die Startunterlagen in Garmisch abholen, und rechtzeitig zum Anbruch des Starkregens wieder im Auto sitzen und die Läufer des Citylaufs bedauern, die bei dem Wetter jetzt laufen mussten. Ich war froh, mich nur für den Marathon und nicht für die Challenge angemeldet zu haben, denn 2,5km durch die Stadt laufen im Starkregen ist auch nicht so ganz mein Fall. Ich hoffte, dass es sich nun richtig abregnen würde, denn es lag den ganzen Tag eine drückende Schwüle in der Luft. Der Wetterbericht für die ganze Woche war schon recht wechselhaft und instabil.
Am nächsten Morgen dann um 6 Uhr Start in Ehrwald, und wir wurden im Briefing darüber informiert, dass das Ziel aus Wettergründen vom Gipfel auf Sonnalpin vorverlegt worden war (wie schon in den beiden Jahren zuvor). Für den Nachmittag waren Sturmböen und Gewitter angekündigt. Na toll. „Hoffentlich hält das Wetter noch – dann müssen wir halt schneller laufen. Schließlich machen wir ja erst noch eine riesige Schleife, bis es nach oben geht.“
Der Regenguss vom Vortag hatte es leider nicht geschafft, die Schwüle aus der Luft zu entfernen, und das Waschküchenklima machte mir sehr zu schaffen. Nach relativ flachen 2 km dann der erste Anstieg des Tages: hinauf zum grünen Ups, der nach 5 km und 900 Hm einen gigantischen Ausblick bot. Der anfängliche Läuferstau löste sich so langsam auf und das Feld zog sich auseinander.
Der folgende Downhill war nicht so gut laufbar, durch den Regen am Vorabend war der Boden ziemlich aufgeweicht und rutschig, und der Grip meiner Bushidos auf nassem Lehmboden und nassen Wurzeln eher bescheiden. Robert durfte in der Wiese auch mal abwärts gleiten und hoffen, dass die braunen Flecken auf den Kleidern wirklich nur Dreck und kein Kuhmist waren. Nun wusste ich auch, was die im Wanderführer* meinten mit „bei Nässe äußerst unangenehm zu begehen“. Die Kühe auf der Rückseite des Grünen Ups wirkten auch schon recht genervt und stellten sich den Läufern in den Weg. 🙂
Nach VP1 kamen 8 leicht wellige km bei immer noch schwülem Wetter. Die Downhills waren bei dem glitschigen Untergrund nicht wirklich toll laufbar und die kurzen, aber knackigen Anstiege waren recht anspruchsvoll. Insgesamt war diese Passage damit weit weniger gut zu laufen als im Vorfeld gedacht… Deshalb war ich froh, als wir nach knapp 4,5 Stunden VP2 in Biberwier erreicht hatten, etwas mehr als die Hälfte der Strecke, aber noch lange nicht die Hälfte der Höhenmeter in den Beinen.
Ab jetzt ging es aufwärts – im wahrsten Sinne des Wortes! Zunächst über steile, asphaltierte Wege, dann über schmale Wurzelpfade und schließlich über Geröll in Richtung Biberwierer Scharte hoch. Eine richtig schöne Verticale! Und ich fühlte mich immer besser, überholte immer mehr Läufer und der Anstieg fiel mir immer leichter. Das Trainingslager in Alpe d’Huez zeigte seine Wirkung! Wunderschöne Ausblicke auf diesem Teil der Strecke bei bestem Sonnenschein! Und auch der Abstieg über die Coburger Hütte hinunter zum Seebensee – Panoramamäßig ein Traum!
Mehr als Hälfte der Höhenmeter hatten wir jetzt, und nach dem verhältnismäßig eher unspektakulären Teilstück zwischen See und Ehrwalder Alm freute ich mich auf die letzten 1500 Höhenmeter und den Teil der Strecke ab Ehrwalder Alm bis Feldernjöchl, den ich ja bereits vom Ultra-Trail kannte.
Voll motiviert und guter Dinge kamen wir nach 7:15 Stunden Laufzeit um 13:15 am VP3 Ehrwalder Alm an. Und dort hieß es plötzlich und abrupt: STOP! Die Streckenposten hatten den Weg zur Hochfeldernalm mit versperrt und mit einem Schild „Strecke wegen Unwetterwarnung gesperrt!“ versehen. Um 13:00 Uhr war die Strecke gesperrt worden (1 Stunde vor dem regulären Cut-Off) und Ich war erstmal geschockt, denn von Unwetter war hier an der Stelle noch nichts zu sehen. Ein paar Wölkchen und leichter Nieselregen. Und dann traurig: wäre ich am Anfang schneller gewesen, hätten wir noch weiter laufen dürfen. Für Robert tat es mir leid: sein erster Marathon nahm hier ein jähes Ende. Wäre er allein gelaufen, hätte er es vielleicht geschafft. Am Berg ist er ja deutlich schneller als ich…
Aus. Ende. Kein Weiterlaufen nach knapp 36 km. Wir hätten mit der Ehrwalder Bahn umsonst runter fahren dürfen und von dort mit dem Shuttle Bus weiter nach Ehrwald gebracht werden können oder eben runter laufen. Wir entschieden uns fürs Laufen. Unsere Drop-Bags, die im Ziel deponiert waren, könnten wir um 18:00 bei der Pasta-Party abholen. Na toll. Hätten wir nicht so lange auf die Sachen warten müssen, hätten wir gleich zurück ins Hotel, unsere Sachen packen und heimfahren können. Unmotiviert stapften wir Richtung Ehrwald, nun fing es auch noch richtig zu regnen an. Am Startpunkt in Ehrwald stoppte ich die Uhr: 40 km.
Immerhin fast ein Marathon. Wenn auch „nur“ mit 2.500 Hm. Vielleicht sollte ich mir den Geburtstagsmarathon auch erst zum 42. Geburtstag vornehmen, dann klappt es vielleicht mit den 42 km??? 😉
Kurz nach 17:00 waren wir wieder in Ehrwald, unsere Drop-Bags waren zum Glück schon da. Die Streckenposten von VP3 waren auch da und überreichten uns unsere Drop-Bags und drückten uns unsere „Medaillen“ in die Hand. Ich zögerte, denn als Nicht-Finisher brauchte ich auch keine Medaille. „Nehmt sie und macht damit was ihr wollt. Hebt sie auf, oder schmeißt sie weg.“ Ich warf einen Blick auf die Medaille: „Finisher Berglauf 15 km“ stand darauf. Beim Ausgang warf ich sie in den nächsten Mülleimer.
Ich war echt sauer und enttäuscht über diesen abrupten, kommentarlosen und ersatzlosen Rennstopp. Aus Veranstaltersicht – noch dazu aus Sicht eines deutschen Veranstalters und im Hinblick auf die Geschehnisse im Jahre 2008 – ist es natürlich vollkommen verständlich, bei einer Unwetterwarnung das Rennen abzubrechen. Bei solchen Wetterbedingungen (die wohl oben schlimmer gewesen sein müssen als unten ersichtlich) hat man als Mensch auch nix in den Bergen zu suchen.
ABER: Wäre es nicht konsequent gewesen, dann auch die Strecke komplett zu räumen? Wer um 12:50 noch hoch darf, ist nicht weniger gefährdet als einer, der um 13:10 hoch läuft. Beim Eiger Ultra wurde das letztes Jahr z.B. vorbildlich umgesetzt – und die Teilnehmer durften auf der Ersatzstrecke nach einer Rennpause noch finishen. Eine alternative Strecke von der Ehrwalder Alm nach Ehrwald runter (sind 4 km) sollte doch möglich sein? Vielleicht noch mit einer kleinen 2 km Schleife, damit der Marathon voll ist? Die wäre komplett unterhalb von 1.500 m und safe gewesen. Schade, dass es hier keinen Plan B gab… Und Kommunikation von Seiten des Veranstalters leider auch nicht…
Zitat aus dem Reglement:
„Je nach Wetter und Verhältnissen behält sich der Veranstalter vor, die Strecke entsprechend zu ändern und auf Alternativrouten auszuweichen. Durch diese Maßnahmen können sich die angegebenen Horizontaldistanzen, Höhenunterschiede und Schwierigkeiten der Strecke ändern.“
Tja…schöner Text im Reglement, aber Alternativroute war dann doch leider keine da.
Wer hier mitlaufen möchte, sollte sich im Klaren sein, dass es nicht unbedingt auf den Gipfel hoch geht – Berge eben. Noch dazu in Deutschland. Im mittlerweile 3jährigen Bestehen des Laufes war es bisher noch kein einziges Mal möglich gewesen, auf dem Gipfel zu finishen (immer Sonnalpin).
Wir werden den Aufstieg übers Gatterl jedenfalls irgendwann nochmal in Angriff nehmen – dann privat – so können wir uns den Tag mit dem besten Wetter dafür aussuchen.
EPILOG:
Zwei Wochen später kam dann die Original Medaille per Post mit einem kleinen Schreiben – eine nette Geste von PLan B, wie ich finde. Alles gut also 🙂
Streckenprofil unserer „Alternativroute“:
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