Wenn man L’Alpe d’Huez hört, denkt man mit Sicherheit nicht zuallererst an Trailrunning. Bei dem Namen denkt man an Wintersport – L’Alpe d’Huez gehört zu den großen Wintersportorten in Frankreich – vor allem aber an Radsport. Geradezu legendär ist der 13,8 km lange Anstieg von Le Bourg-d’Oisans (760 m) nach L’Alpe d‘Huez, der sich in 21 „mythischen“ Kehren bis auf 1850 m schlängelt. Er gehört zu den berühmtesten Anstiegen der Tour de France und fehlt deshalb nur selten im Tour Programm.
Aber wie kommt nun ein Trailrunner dazu, nach L’Alpe d’Huez zu reisen, zumal es ja kein wirklich beschauliches Bergdörfchen ist, wie man es beispielsweise aus den Schweizer Alpen kennt und die Landschaft geprägt ist von Skiliften und Mountainbike Pisten? Nun, wenn man als Trailläuferin mit einem Rennradfahrer zusammen ist, dessen Saison-Highlight das berühmte Radrennen La Marmotte (174 km, 5.000 m D+) mit Zielankunft in L’Alpe d’Huez ist und man gleichzeitig zusammen Urlaub machen möchte, dann macht das schon Sinn.
Und auch wenn der Ort vielleicht nicht der idyllischste ist, es gibt durchaus einige sehr schöne Trail Strecken mit ordentlich Höhenmetern zu erkunden! Besonders hilfreich für diesen Zweck war für mich die Station de Trail de l’Oisans in Villard-Reculas mit immerhin 9 komplett beschilderten Trail Strecken, von denen ich einige komplett oder zum Teil erkunden konnte.
Überhaupt ist das Konzept der Stations de Trail eine tolle Erfindung: in verschiedenen Landschaften Frankreichs, wie L’Oisans, Chartreuse, Vercors, Pays des Ecrins und neuerdings sogar in den Vogesen bieten diese Stationen komplett markierte und ausgeschilderte Trailstrecken in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden , verschiedene Übungsparcours wie Trailpisten oder Kilomètre Vertical, teilweise auch mit Duschmöglichkeiten.
Die Station de Trail Oisans hat mittlerweile übrigens weitere Startpunkte: neben Villard-Reculas auch Auris, Vaujany und Les Deux Alpes, wo solche verrückten Trailevents wie die Double Verticale du Diable stattfinden.
Col de Maronne
Eine schöne Runde, die sich auch bei schlechteren Wetterbedingungen gut laufen lässt, ist der Col de Maronne: (23 km und 1205 mD+):
Tour des 3 Monts
Etwas länger und wesentlich anspruchsvoller die Tour des 3 Monts mit Aussicht auf die drei Berge Le Signal d’Auris, La Buffe und La Croix de Cassini und Passage über den Col de Sarenne, der letztes Jahr auch bei der Tour de France nicht fehlen durfte. Die raue Landschaft rund um den Col de Sarenne ist traumhaft und nicht von Skiliften und Mountainbike Pisten verschandelt. (43,6 km; 2235 m D+)
Le Col Blanc
Oder die „schwarze“, d.h. anspruchsvolle Ultrastrecke Le Col Blanc (51 km; 3369 m D+), die ich teilweise auf meinen Touren rund um die traumhaften Bergseen bei L’Alpe d’Huez erkunden durfte: Vorbei an wunderschönen Seen wie Lac de la Fare und Lac du Milieu auf knapp 2.700 m, über die alte Anthrazit-Mine „La Mine de l’Herpie“:
La Montée de L’Alpe
Für mich eine ganz besondere Runde, die „Montée de l’Alpe“, die ich allerdings in etwas abgewandelter Form lief: Während sich die schnellen Radfahrer der Marmotte die 21 Kehren von L’Alpe d’Huez hochquälten, machte ich die gleichen 1.090 Höhenmeter auf der Trailstrecke, dann allerdings statt auf 14 bloß auf 7 km.
Original Tour der Station de Trail:
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Meine Version:
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Lac des Quirlies
Eine wunderschöne Tour durch das Ferrand Tal zum See Lac des Quirlies auf 2.600 m. Klassischer Start ist an einem kleinen Parkplatz am Col de Sarenne („Perron“), von wo aus es erstmal an einen beeindruckenden Wasserfall geht. Die Tour an sich ist nicht schwer, je nach Schneesituation muss man ggf. bis zum See einige Schneefelder queren. Bei unserem Besuch gab es kurz vorm See noch ein kleines, steiles Schneefeld zu meistern.
Pic de l’Alpe
Pic de l’Alpe – ein Trailevent, das 2016 seine Premiere hatte und von Alpe d’Huez auf 1.860 m zum höchsten Punkt, dem Pic Blanc auf 3.300 m geht: 13 km mit 1.550 positiven Höhenmetern. Die Strecke verläuft zum größten Teil auf der Strecke des Mountainbike Events Megavalanche, mit dem Unterschied, dass die Downhill Mountainbiker mit dem Lift hoch und mit dem Bike runterfahren 🙂
Wir hatten uns bei unserer Tour die ersten paar km geschenkt und sind von Altiport aus gestartet, von wo aus wir nach ca. 2 km wieder auf die Original Strecke stießen – und auf 2 Hunde, die das Chalet auf 2.200 m am Aufstieg zur Mine de l’Herpie bewachten und uns erstmal nicht vorbei lassen wollten. Hier ist also ggf. etwas Vorsicht geboten. Für uns war das eine kleine Sprinteinlage auf der sonst eher gemütlichen Tour (ein Wunder, wie schnell man mit trainingsschweren Beinen noch steile Hänge hochrennen kann.. 😉 ).
Die Strecke sollte idealerweise nur im Sommer gelaufen werden, wenn der Schnee schon weitestgehend abgetaut ist – und natürlich nicht in der Megavalanche Woche, wo man sonst Gefahr läuft, unter die Räder zu kommen.
Für den letzten Teil der Strecke, die über schneebedeckte Skipisten geht, sind auf jeden Fall Stöcke, idealerweise auch Spikes (wie z.B. Snowline Spikes) erforderlich, denn die Passagen sind teilweise recht steil. Ganz besonders die letzten 100 Höhenmeter, die auf einem Abschnitt von ca. 300 m Länge und mit Steigungsprozenten von teilweise über 40% nicht einfach zu laufen sind. Hier erwiesen sich übrigens meine Snowline Chainsen Pro Roberts Chainsen Trail durch die längeren Spikes als überlegen, und ich war ausnahmsweise mal schneller oben als er 😉
Wer früh morgens geht, hat den Vorteil, dass der Schnee noch etwas fester ist, muss allerdings mit Mountainbike-Gegenverkehr rechnen.
Der Abstieg erfolgt dann ganz easy per Lift (bei dem Lift auf 3.300 m wird nicht nach einem Ticket verlangt, wer von der Station auf 2.700 m per Lift weiter ins Tal fahren will, benötigt eine Fahrkarte (Kosten ca. 10 EUR) – ansonsten easy Abstieg per (schneefreier) Skipiste.
Original GPX von Trace de Trail
L’Alpe d’Huez hat einige interessante Spielwiesen für Trailrunner parat, nicht zuletzt dank der vorbildlich markierten Strecken der Station de Trail und den zahlreichen Wanderwegen rund um das Massif des Grandes Rousses.